Nach Florida der Krokodile wegen    ( Mai 2001 )

Ralf Sommerlad

"Hast Du Lust, im nächsten Jahr Alligatoren zu fangen ?" fragte mich
James Perran Ross von der University of Florida und Executive Officer der IUCN-Crocodile Specialist Group , als ich ihn im Dezember 2000 besuchte.
Klar, daß ich nicht nein sagen konnte, und so flog ich, dieser Einladung folgend, im Mai 2001 wieder nach Florida.

Natürlich ging es hier nicht um den Fang von Alligatoren zum Vergnügen, sondern die Aktion hatte einen tieferen, wenngleich beunruhigenden Sinn : in den letzten drei Jahren starben insgesamt ca. 300 Alligatoren aller Alters- und Größenklassen im Lake Griffin , einem See im nördlichen Zentralflorida, unter mysteriösen Umständen.
Nach dem ersten Auftreten von Bewegungsanomalien ( unkoordinierete Bewegungen, Probleme beim Tauchen, verzögertes Fluchtverhalten ) vergehen insgesamt 8 - 10 Tage bis zum unweigerlichen Tod der Tiere.
Die Gründe sind unklar.

Nachdem verschiedene Dienststellen und Organisationen mehr oder weniger ohne Abstimmung untereinander Untersuchungen angestellt hatten und danach nicht in der Lage waren, etwa greifbare Ergebnisse zusammenzuführen, hat nun die University of Florida gemeinsam mit dem Fish & Wildlife Service die Dinge in die Hand genommen.
Es gibt für uns keinen Anlaß zu mitleidigem Lächeln : es ist durchaus eine deutsche Spezialität, erst ohne Abstimmung im Nebel zu stochern, um dann festzustellen, daß da irgendwo Nebel ist ...
Es gibt allerdings Vermutungen, von denen sich eine auf das Auftreten bestimmter Algen gründet, die Cyanotoxine produzieren.
Viel ist allerdings darüber nicht bekannt und eine Forschergruppe der University of Florida in Gainsville befaßt sich nun damit.

Um aber die Auswirkungen auf Alligatoren genauer zu ermitteln, muß man einige Tiere fangen, töten und untersuchen.
Bereits verendete Alligatoren aufzusammeln und einer Untersuchung zuzuführen, ist wegen des raschen Eintretens von Verwesungsvorgängen meist ergebnislos.
Also fuhren Perran Ross und ich gemeinsam mit einem Officer des Fish & Wildlife Service sowie zwei Toxikologen der University of Florida mit dort "Airboat" genannten Propellarbooten auf den Lake Griffin hinaus.
Schnell fanden und fingen wir einen etwa 3,3 m langen Alligatorbullen, der durch verzögerte Fluchtreaktion und langsame Bewegungen auffällig geworden war.
Nachdem man dem großen Tier eine Schlinge um den Oberkiefer gelegt hatte, war von einer körperlichen Schwäche allerdings nichts mehr zu bemerken.
Es dauerte eine 3/4 Stunde und kostete eine Menge Schweiß und Anstrengung, um es endlich in das Boot zu hieven.

Zwei Tage blieben wir am Lake Griffin und fingen noch ein weiteres Exemplar, ein großes Weibchen.
Die Tiere wurden dann kurz vor dem Abtransport ins Disney Animal Kingdom abgetötet.
Dieser Park verfügt über nahezu perfekte Einrichtungen für solche Untersuchungen.
Dr. Scott Terrell , ein namhafter Zoo-Tierarzt, nahm die Sektion vor.
Untersucht wurden insbesondere das Gehirn, die inneren Organe, das Rückenmark und das Köperfett.
Greifbare Ergebnisse, die in der Folge ein weiteres Alligatorsterben am Lake Griffin verhindern könnten, liegen allerdings bis jetzt nicht vor.

Wer sich für das Thema vertieft interessiert, kann von mir nähere Informationen erhalten (
crocodilians@web.de ) .

Der Besuch in Florida hatte aber noch weitere Höhepunkte aufzuweisen.
Einer war sicherlich die Exkursion mit Perran Ross nach Payne's Prairie , einem der State Parks in der Nähe von Gainesville, wo wir in einem Sinkhole eine aufgrund der dort zum Zeitpunkt des Besuchs herrschenden Trockenheit außergewöhnliche Ansammlung von Alligatoren fanden : bei 200 hörten wir beide auf zu zählen...

Eine Einladung in die AZA Croc School in der St.Augustine Alligator Farm , konnte ich leider wegen meiner Teilnahme an der eben geschilderten Sektion nicht wahrnehmen, obwohl dies sicherlich ebenso interessant gewesen wäre.
Es war aber ein weiteres Mitglied der AG, Collin Stevenson , dort anwesend, ebenso wie Dr. Adam Britton , Prof. Kent Vliet , John Behler von der Wildlife Conservation Society (
www.wcs.com ) und mein Freund Bruce Shwedick , Crocodile Conservation Services .
Ferner hatte ich ausreichend Gelegenheit, Bibliothek und Sammlungen des Florida Museum of Natural History zu besichtigen und einige Zeit dort zu verbringen.

Neben der St. Augustine Alligator Farm (
www.alligatorfarm.com ), Gatorland ( www.gatorland.com ) und anderen Einrichtungen und Farmen, die ich besuchte und in denen ich Gelegenheit zu ausführlichen Gesprächen fand, folgte ich einer Einladung in den Miami Metro Zoo , Krokodilmenschen wie uns bestens bekannt durch die Nachzucht von Tomistoma schlegelii, Crocodylus intermedius und anderen.
Der Kurator, Steve Connors , führte mich hinter die Kulissen dieses wahrlich beeindruckenden Zoos und zeigte mir die dort nachgezogenen und mittlerweile halbwüchsigen 15 Komodowarane sowie die Gelege von Crocodylus rhombifer, die z.T. im Nest verblieben sind und bei denen die Jungtiere mittlerweile ebenso schlüpften wie die in den Inkubator verbrachten Tiere.
Beide Elterntiere bewachen ihre Jungen vorbilblich.

Mein Dank gilt auch bei dieser Reise besonders Bruce und Jo Shwedick sowie Perran und Sylvia Ross, in deren Häusern ich einige Tage leben durfte und den vielen Freunden, die ich auf meiner mittlerweile 14. herpetologischen Florida-Reise traf.
Die nächste Reise dorthin wird vermutlich im Dezember 2001 stattfinden, nach meiner Rückkehr aus Thailand.
Auch von diesen Reisen werde ich, wenn gewünscht, an dieser Stelle berichten.


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