Die  AG Krokodile  besucht das Projecto Yacare in Argentinien
   ( Januar 2001 )

Dr. Florian Brandes

Im Januar 2001 besuchten die Mitglieder der   AG Krokodile   Volker Steffen , Jörg Zwicker , Dr. Florian Brandes und Dr. Oswald Burkard zusammen mit der Kamerafrau Sabine Vollmers das Projecto Yacare ( PY ) in Santa Fee im Norden Argentiniens.
Es handelt sich dabei um ein Breitschnauzenkaiman - Ranchingprojekt.
Für naturbegeisterte Besucher besteht die Möglichkeit, die Biologen des Projekts als Ökotouristen einige Tage bei ihrer Arbeit zu begleiten.


Caiman latirostris

Nach mehr als 13 Stunden Flug von Frankfurt nach Buenos Aires wurden wir von dem Biologen Carlos Pina am Flughafen in Empfang genommen.
Nach einer kurzen Stadtrundfahrt durch Buenos Aires folgten fünf Stunden Autofahrt zur Forschungsstation in Santa Fe City.
Dort empfingen uns der Projektleiter Dr. Alejandro Larriera und sein Team.


   von links  :    Dr. Florian Brandes, Jörg Zwicker, Dr. Alejandro Larriera, Sabine Vollmers,
                           Volker Steffen und Dr. Oswald Burkhard

Die Station, in deren Gästezimmern wir untergebracht waren, ist dem Zoo von Santa Fe angeschlossen, der eine umfangreiche Sammlung aus der argentinischen Tierwelt beherbergt.
Von hier aus starteten alle Exkursionen in die Lebensräume der Breitschnauzen -
kaimane.

Nach einigen Tagen zur Akklimatisierung mit geführten Rundgängen durch den Zoo und die Stadt Santa Fe starteten wir am nächsten Morgen bei Tagesanbruch eine Expedition, um Nester von Breitschnauzenkaimanen zu suchen.
Die Biotope, in denen der Kaiman im Staat Santa Fe vorkommt, liegen in den riesigen Rinderfarmen, den Estancias.
Die erste Fahrt führte uns auf die Estancia Lucero .
Diese ist 27.000 ha groß und es leben hier etwa 20 Gauchos mit ihren Familien, die 14.000 Rinder zu betreuen haben.
Ein guter Kontakt zu den Estancieros und den angestellten Gauchos ist für die Biologen des Projecto Yacare unbedingt erforderlich.
Nur die Gouchos, die durch ihre tägliche Arbeit zu Pferde das Land und seine Tiere genauestens kennen, können wertvolle Informationen darüber liefern, wo sich die Kaimane befinden und ihre Nisthügel errichtet haben.
Für ihre Hilfe werden Sie mit 15 US$ pro Nest bezahlt.
Den Kaimanen einen wirtschaftlichen Nutzen zu geben gehört zum Prinzip der nachhaltigen Nutzung.

Auf El Lucero wohnen wir für zwei Nächte im Gutshaus des Estancieros.
Nach einem schönen Abend bei argentinischem Barbecue und interessanten Diskussionen mit den Biologen geht es im Morgengrauen zu einer Kanutour auf den Rio Salado .
Die spannende Suche nach Kaimannestern beginnt.
Der Salado River bietet Natur pur und man sucht vom Wasser aus das Ufer nach Pfaden der Weibchen zu ihren Nestern ab.
Reiher, Enten und andere Wasservögel warnen vor den menschliche Störenfrieden.
Tatsächlich gelingt es Alejandro heute ein neues Nest zu entdecken.
Das Weibchen , das sicher in der Nähe liegt, kann leider nicht beobachtet werden.
Die Eier werden mit natürlichem Brutsubstrat in Kanister umgebettet.
Die Eier aus einem eröffneten Nisthügel werden geborgen.
Vor dem Umbetten in den Kanister wird die Oberseite mit Farbspray markiert.

Am Nachmittag wurde es für unsere Kameraleute bei einem Ritt zu Pferde spannend.
In weiten Sumpfflächen mit hüfthohem Wasser kommt man zu Fuß nicht weiter und ist auf diese Art der Fortbewegung angewiesen.
Leider kam das Filmen dabei oft zu kurz, denn auf einem fast schwimmenden Pferd waren sie weitgehend damit beschäftigt, die schwere und teure Filmausrüstung buchstäblich vor dem " Untergang " zu bewahren.

Am nächsten Tag kehrten wir in die Station in Santa Fe zurück.
Hier wurden die Eier in den vollklimatisierten Inkubationsraum gebracht.
Dort werden sie bei 32 C° und 95 % Luftfeuchtigkeit 65 Tage lang bebrütet.
Die Schlüpflinge kommen in spezielle Aufzuchtbecken und wachsen hier bei Temperaturen bis zu 50 C° in etwa 9 Monaten bis auf eine Größe von ca. 60 cm und einem Gewicht von 400 g heran.
50 % der Jungtiere werden dann an der Stelle, an der die Eier gesammelt wurden, wieder ausgesetzt.
Bis zu 90 % von ihnen überleben so das kritische Babyalter.
Auf diese Art und Weise wird die Nachhaltigkeit der Nutzung des Breitschnauzenkaimans gewährleistet.
Die übrigen Jungtiere kommen einer kommerziellen Nutzung zu Gute.

In den nächsten Tagen nahmen wir am Betrieb in der Station teil.
Wir können die dreimal pro Woche stattfindende Fütterung der Tiere mit zerkleinerten Geflügelteilen beobachten und haben die Möglichkeit, die Aufzuchtbecken zum Filmen und Fotografieren jederzeit aufzusuchen.
Fütterung der Jungtiere
mit Geflügelteilen

Auch die Verwertung der Tiere wird uns demonstriert.
Mit etwa 18 Monaten werden Kaimane, die ein Gewicht von über 2 kg erreicht haben, ausgesucht.
Sie haben dann eine Länge von etwa  85 cm und liefern damit Leder in der begehrtesten Größe und Qualität zur Verarbeitung.
Vor dem Töten werden routinemäßig Blutproben genommen und Gesundheitschecks durchgeführt.
Wachstumsdaten und Geschlechterverteilung werden penibel notiert.
Die frisch gewonnenen Häute werden mit einer Plombe des internationalen Reptillederverbandes gekennzeichnet, mit der sich lückenlos der legale Handel mit der Haut sowie dem späteren Produkt nachvollziehen läßt, und bis zur weiteren Verarbeitung eingefroren.
Das Fleisch wird ebenfalls tiefgekühlt und als Spezialität an Restaurants in der Umgebung verkauft.
Bei einer Einladung zum Abendessen konnten wir uns von den Kochkünsten von Alejandros Frau und dem guten Geschmack des Kaimanfleisches überzeugen.

Dann seht ein weiterer Tag der Feldarbeit an.
Gegen Abend kommen wir auf einer anderen Estancia an und beziehen Quartier im Gästehaus.
Nach Einbruch der Dämmerung geht es hinaus in die Sümpfe.


   Jörg Zwicker und Volker Steffen warten auf den Sonnenuntergang

Heute wollen wir nächtliche Populationszählungen durchführen.
Ein genaues Überwachen der Populationsentwicklung ist notwendig, um die Nachhaltigkeit des PY belegen zu können.
Mit dem Geländewagen fahren wir über die nächtlichen Weiden, auf denen uns
" glückliche " argentinische Rinder verdutzt anstarren.
Auf einem Damm halten wir an, um die umliegenden Wasserflächen mit dem Suchscheinwerfer abzustrahlen und die dabei aufleuchtenden Kaimanaugen zu zählen.
Als wir aus dem Wagen steigen, freuen sich die Mücken.
Heerscharen dieser summenden Blutsauger fallen über uns her und jeder kann später trotz langärmliger und langbeiniger Kleidung über hundert Stiche an sich zählen.
Selbst Hartgesottene können hier nervös werden und auch Argentinier versichern uns, daß sie nie freiwillig eine Nacht draußen im Feld schlafen würden.
Da bleibt die Romantik einfach auf der Strecke.
Trotzdem wird es ein erfolgreicher Abend.
Obwohl nur wenige Kaimane im Scheinwerferlicht auszumachen sind, gelingt es uns, ein paar Tiere zu fangen.
Sie werden vermessen, es werden Blutproben entnommen und eine Markierung zwischen den Zehen angebracht, wenn die Tiere noch nicht gekennzeichnet sind, sie also nicht aus der Aufzucht des PY stammen.
Um mehr über die Ernährungsgewohnheiten der Kaimane zu erfahren, werden auch Proben des Mageninhaltes gewonnen.
Dr. Alejandro Larriera und der Biologe
Carlos Pina bei einer Magenspüung

Nach etwa 15 Minuten können die Tiere wieder in die Freiheit entlassen werden.
Nach der Arbeit wurden wir durch die sehr herzliche Besitzerin der Estancia zum Essen eingeladen.
Bis spät in die Nacht konnten wir typisch argentinische Gerichte genießen und auch Vino Tinto - der Rotwein - hat nicht gefehlt.

Nach zehntägigem Aufenthalt in Santa Fe haben wir einen umfangreichen Einblick in das Projecto Yacare erhalten.
Hier wird vorbildlich gezeigt, wie wissenschaftlich begleitet kommerzielle Interessen und Naturschutz Hand in Hand zum Schutze und zur Erhaltung des Breitschnauzenkaimans arbeiten können.

Die Reise kann unter folgenden Voraussetzungen weiterempfohlen werden :

   - ernsthaftes Interesse am Thema, ggf. auch praktische Erfahrung mit Krokodilen
   - Enlisch- oder Spanischkenntnisse
   - körperliche Fitness

Auch die Anspüche an die Unterhaltung sollten gering sein.
Ist dies der Fall, hat man die einmalige Chance, Gegenden zu besuchen, die dem normalen Tourismus verschlossen bleiben.
Man kann Gouchos bei der Arbeit erleben, Biologen bei der Feldarbeit zusehen und sogar selbst mit Hand anlegen.
Auch ornithologisch Interessierte kommen voll auf ihre Kosten.
Ganz nebenbei hat man die Möglichkeit, eine Unmenge verschiedener wasser- und sumpfbewohneder Vögel zu beobachten.

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