Stellungnahme des neuen 1. Vorsitzenden der AG Krokodile zu seiner
   Wahl

15.10.2004

Liebe Mitglieder der AG Krokodile,

nun bin ich also zum kommissarischen Leiter der AG gewählt worden und habe gehört, da ich ja selbst nicht anwesend sein konnte, dass es bereits Sorgen gab, ob ich, bedingt durch meinen Job, die Aufgaben nicht würde bewältigen können.
Weiterhin soll es bereits Grund zur Sorge gegeben haben, da ich ja schon im Vorfeld angedeutet habe, ich wolle mich auch um den "Ethik-Part" etwas kümmern und anscheinend, wie ich höre, wetzen schon einige die Zähne und Klauen, weil sie die wildesten Befürchtungen hegen.
Um das jetzt im Vorfeld auszubügeln, möchte ich Euch/Ihnen kurz skizzieren, was mich in dem Jahr, das ich nunmehr als AG-Vorstand fungieren darf, an Zielen und Gedanken verwirklichen, bzw. in ein weiteres Forum, an dem zu beteiligen ich Euch/Sie hiermit bitten möchte, einbringen will.


Zunächst zu meiner Person:

Ich bin 37 Jahre alt, Fachtierarzt für Reptilien an der LMU München und indirekt, über die Reptilienauffangstation ( www.reptilienauffangstation.de  ) Krokodilhalter, da wir seit vielen Jahren regelmäßig unterschiedliche Krokodile über mehr oder minder lange Zeiträume gehalten haben und halten.
Nebenbei bin ich durch die kurative Arbeit als Tierarzt am Institut für Zoologie, Fischereibiologie und Fischkrankheiten mit verschiedensten Problemstellungen, auch die Krokodile betreffend, vertraut.
Durch meine Tätigkeit als Gutachter und Sachverständiger, im Rahmen meiner Arbeit an der Uni sind mir auch reelle und - meines Erachtens lebensnahe - Tier- und Artenschutzprobleme nicht fremd und diese fordern regelmäßig unsere Aufmerksamkeit und unser Engagement.
Darüber hinaus arbeite ich, im Rahmen meiner universitären Tätigkeit und meiner DGHT-Mitgliedschaft (seit 1986) immer wieder in verschiedenen Gremien mit, die den Tier- und Artenschutz beinhlten, wobei ich immer die Sache der Tierhalter zu unterstützen versucht habe und dies auch weiter zu tun gedenke.
So konnte ich diesbezüglich der Haltungsmindestanforderungen für Reptilien in Deutschland, wie in Österreich meine Vorschläge einbringen, in der Tierärztlichen Vereinigung für Tierschutz auf teils deutlich überzeichnete Vorstellungen bezüglich der Haltung von Großreptilien mildernd einwirken und war auch bei der Transpondermarkierung von Anhang A -Arten aktiv ( Expertenanhörung in Bonn BMU ).
Darüber hinaus arbeiten wir im Rahmen einer Dissertation, die von mir betreut wird, an Untersuchungen zur Fruchtbarkeit von Tomistoma schlegelii in Relation zu Stresshormonen und dem allgemeinen Gesundheitszustand der Tiere im Rahmen der geplanten Etablierung eines ESB für diese Spezies.
Dies geschieht in Kooperation mit der TTF/CSG.


Was habe ich mir vorgestellt ?

Zuerst sollten wir uns gemeinschaftlich einmal Gedanken machen, wie wir innerhalb der AG mit der Frage der Kommunikation, der Transparenz und der Zusammenarbeit umgehen wollen.
Ich weiß von einigen Mitgliedern, dass sie nicht ausreichend informiert wurden, was die AG macht und was ihre Ziele seien.
Das soll sich ändern.
Ich schlage daher zunächst vor, den Mitgliedern eine Mitgliederliste zugänglich zu machen, die neben der groben Richtung auch ggf. gehaltene Tiere und Arbeitsschwerpunkte der einelnen Mitglieder offenlegt.
Dies kann durchaus als AG-intern auf der Homepage mit Mitgliederzugang erfolgen.
Wir sollten uns weiterhin überlegn, ob es sinnvoll wäre, News, seien es Publikationen, Links aus dem Internet, aber auch aus der Politik, sofern sie uns betrifft, und die wichtigsten Infos aus der DGHT, der wir ja angehören, aber auch der AG selbst, weiterzuleiten, beispielsweise, aus Kostengründen, mittels einer Mailingliste oder auf der AG-Homepage.
Dabei gilt es zu betonen, daß kein Nachricht, aber auch keine Frage zu banal oder zu blöd sein kann, um publiziert zu werden.
Ich selber halte die Informationen bezüglich der Rechtsprechung und der geltenden Rechtsgrundlagen, aber auch "politischer Aktivitäten (z.B. Pro Wildlife, CITES-Comittee etc.) für essentiell.
Ich komme ja eigentlich aus der Schildkrötenszene, also der AG Schildkröten.
Dort war und ist es absolut nicht usus, auch nicht notwendig, dass man lediglich von Koryphäen konsumiert, sondern Erfahrungen sind es, die auch bei Tagungen ausgetauscht und ggf. kontrovers diskutiert werden (können und sollen).
Das würde unsere Tagungen entkrampfen und auch das Teilnehmen erleichtern und die Kommunikation vom Biertischniveau (das ich zugegebenermaßen sehr mag) weg, in Richtung einer Arbeitsgemeinschaft bewegen.
Was denkt Ihr/Sie darüber ?

Gemeinsam mit einigen Vorstandsmitgliedern haben wir bereits die Jahrestagung ansatzweise geplant.
Sie wird in München, am Institut für Zoologie, Fischereibiologie und Fischkrankheiten der LMU München stattfinden.

Ich würde mich sehr freuen, wenn die Mitglider auch bereit wären, eigene Erfahrungen aus der Haltung von Krokodilen beizutragen.

Ebenso fand im Juli die gemeinsame Krokodilausstellung statt, die von der AG, der TTF und dem Institut veranstaltet wurde.
Darüber werden Wolfgang Heuberger und ich gesondert berichten.

Bezüglich der DGHT als Verband, dem wir angehören, denke ich, sollte ebenso mehr Transparenz erzielt werden.
Unsere Mitglieder sollten wissen, was der Vorstand und der Beirat macht und die AG sollte in der elaphe und anderen Medien, aber auch auf der Jahrestagung besser vertreten sein.
Das hat nicht nur vereinsinterne Gründe, auf die ich persönlich nicht allzu großen Wert lege, sondern schlicht politische,da wir mit unserem Hobby und unseren etwas ausgefallenen Panzerechsen Präsenz, Transparenz und Kompetenz zeigen sollten, um letztlich Gesprächspartner zu sein und nicht, wie schon so oft geschehen, Opfer.
Dass so etwas durchaus möglich sein kann, zeigen uns vielerlei Beispiele aus anderen AG's und der Gesamt-DGHT.
Dem sollten wir uns anschließen und, dafür unabdingbar, eine eigene, vertretbare Linie haben, erarbeiten und vertreten.
Das geht nur mit Kooperation, und zwar interner wie externer, mit der DGHT und anderen Verbänden, Behörden und Institutionen.

Was nun den Tier- und Artenschutz anbelangt, so darf ich Sie alle beruhigen, ich will keine Sündenböcke zu irgendwelchen Schlachtbänken führen.
Mir geht es darum, dass gerade bei großen Tieren mit einem gewissen Gefahrenpotential heutzutage landläufig und einhellig das Vorurteil besteht, dass wir, die Halter, "Spinner" seien und und profilierungssüchtige Möchtegerns, die auf Kosten von Tieren, "die besser draußen bleibeb sollten, wo sie herkommen" ihr Ego befriedigen wollen.
Das kann, darf und will ich nicht so stehen lassen.
Um dies zu erschweren werden sicherlich sinnvollereweise Haltungsansprüche kreiert und festgeschrieben.
Diese sind manchmal gut, manchmal revisionsbedürftig, aber immer auch ein Möglichkeit, den Haltern das Leben schwer zu machen.
Schlechte Haltung, ganz gleich, ob in Privathand oder in zoologischen Einrichtungen, muß minimiert und geändert werden, ganz sicher.
Ich meine, man sollte gemeinsam, mit dem uns durchaus eigenen Sachverstand dazu beitragen, sinnvolle Rahmenbedingungen dafür zu schaffen.
Dabei geht es nicht nur um uns Halter, sondern primär um das Individuum Tier und die Umsetzbarkeit durch uns, die Halter.
Wie oft wurden wir mit unsinnigen Regelungen konfrontiert ?
Und wie oft mussten "wir alle" die Fehler oder die Ignoranz einiger Weniger mit tragen und letztendlich büßen ?

Mir geht es darum, innerhalb der AG eine Art Codex zu erarbeiten, den wir als AG tragen und unterstützen können und der nach außen hin auch Behöden und Tierschützern gegenüber vertreten werden kann und muß.
Wir brauchen eine Meinung zu winzigen Behältern, zu rachitischen Krokodilen, zu unsachgemäßer Vergesellschaftung und zum Handel mit großen Krokodilen, die in zehn Jahren ein maßloses Problem sein werden.
Wir als Arbeitsgemeinschaft brauchen eine Linie bezüglich der Unterbringung beschlagnahmter, ausgesetzter, abgegebener und zu groß oder zu gefährlich gewordener Krokodile, zu Auffangstationen und zur Vermittlung dieser Tiere.
Ich darf Euch/Ihnen hiermit anbieten, selbst, wenn "mal Mist gebaut" wurde, zu versuchen, meine Beziehungen einzubringen, um diese Probleme aus der Welt zu schaffen.
Ich möchte anbieten, daß die AG, vertreten durch einschlägige Veterinäre in Streitfällen neutrale, auf der Grundlage gültigen Rechts beruhende Hilfestellungen bieten sollte und kann.
Dies kann aber nur funktionieren, wenn wir intern miteinander reden und kooperieren.
Dies gilt auch bezüglich des Artenschutzes, der ebenso nicht vergessen werden darf.
Auch hier sollten wir als Vorbild fungieren.
So stellt sich mir dann schon auch die Frage, warum die AG-Mitglieder nicht kooperieren wollen, wenn es um ESB's und EEP's geht ...

Ich möchte nocheinmal betonen, dass ich der festen Überzeugung bin, dass die Haltung von Krokodilen in Menschenobhut machbar und sinnvoll sein kann und ist.
Viel Wissen stünde uns heute nicht zur Verfügung, egal, ob es um Biologie oder Erhaltungszucht, Ernährung oder verhalten geht, würden nicht engagierte Halter viel Arbeit geleistet haben.
Aber, es gilt, sich ebenso heute, basierend auch auf dem Druck durch die Tierschützerlobby, die weit mehr Einfluss und Geld hat als wir oder die Tierhalterverbände, der Verantwortung bewusst zu werden und diese auch zu übernehmen.
Jetzt, nicht, wenn wir müssen, sondern jetzt, freiwillig und aus der AG heraus.
Mehr will ich nicht und ich bin davon überzeugt, dass dies der Weg sein wird, der uns den Erhalt unseres Hobbies und unserer Interessen gewährleisten wird, weil wir ernst zu nehmende, sachkundige und kompetente Gesprächspartner sein werden, die von sich aus Probleme thematisieren und zu lösen versuchen.

Als Langzeitziel sehe ich, nicht nur die Panzerechsen betreffend, sondern bezüglich jeder Haltung "exotischer Tiere", weiträmige, vielleicht, das würde ich mir wünschen, gleichwertige und gleichberechtigte Kooperationen auf internationalem und interdisziplinärem Terrain in der CSG, der TTF, in situ und ex situ, gemeinsam mit Institutionen und Zoos.
Bereitschaften müssen wachsen, ganz klar, aber im Keim sind sie bereits vorhanden und das Potential haben wir in unserem Wissen und in unseren Tieren.
Die Verantwortung, nicht nur uns selbst und den Tieren gegenüber, haben wir bereits, nicht nur moralisch, sondern auch von Gesetzes wegen.
Machen wir doch einfach was daraus.

Ich hoffe, ich konnte diejenigen unter Euch/Ihnen beruhigen, die dachten, man habe einen tierhalterunfreundlichen Tierschützer ins Haus geholt, der einem das Hobby verleiden will.
Ganz sicher nicht, aber eben auch niemandem, der zu jedem Müll "ja und amen" sagen würde.
Unterm Strich werden wir den Zeichen der Zeit folgen müssend, von den einen oder anderen althergebrachten Vorstellungen, vom Sammlertum und vielleicht auch vom Traum vom Leistenkrkodil verabschieden müssen, aber das dürfte ein geringer Preis sein, wenn weit mehr auf dem Spiel stehen würde.
Letztlich kann man sagen, dass die AG als Gesamtes eine Linie braucht und diese, zumindest mit mir, vertreten wird.
Was Einzelne daheim im Keller halten und machen geht mich nichts an, aber wenn es den Zielen der Gemeinschaft zuwider läft, dann sollte diese Gemeinschaft reagieren oder sich distanzieren, sofern es gravierende Dinge sind, die zur Debatte stünden.
Ansonsten möchte ich eher Hilfestellung geben, als Markus Baur und als AG-Vorstand.

Ich darf Euch/Sie in diesem Sinne herzlich grüßen und hoffe auf eine offene, fruchtbare und freundschaftliche Zusammenarbeit.

Markus Baur


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