Medieninformation   "Das Krokodil im Baggersee"

Markus Baur, Tobias Friz und Alexander Meurer


    30. 12. 2012




Alligator mississippiensis

Die Arbeitsgemeinschaft Krokodile der Deutschen Gesellschaft für Herpetologie und Terrarienkunde e.V.  ( DGHT ) und die   Reptilienauffangstation München   sehen sich aufgrund der in jüngerer Zeit entstandenen Diskussionen zu einer Stellungnahme veranlasst.
Erst wieder in diesem Sommer erregte die mutmaßliche Sichtung eines Krokodiles in einem Badesee in Bayern die sommerlochgeplagte Aufmerksamkeit der Medien, auch wenn sich das Tier später nach Medieninformationen als ein Biber manifestierte.
Neueste Informationen berichteten über eine gefundene Bartagame, welche durch einen Sichter des Krokodiles identi-
fiziert wurde.
Dennoch sollte dieses Thema aus Sicht der Autoren nicht unberücksichtigt bleiben, zumal innerhalb der EU in Brüssel das Thema der ausgesetzten und entwichenen Reptilien insbesondere auf Betreiben von Tierschutz- und Tierrechts-
organisationen in den Fokus gerückt wird.
Es kann an dieser Stelle jedoch ausdrücklich betont werden, dass von Krokodilen in Hinblick auf ein mögliches Inva- sionspotential als Faunenverfäscher ebenso wenig eine Gefahr auszugehen vermag wie als Verbreiter von sogenannten Zoonosen.
Meldungen dieser Art bleiben jedoch zunächst - unabhängig vom Ausgang und ihrem Wahrheitsgehalt - den Leuten in Erinnerung und tragen in erheblichem Maße dazu bei, ein Bild von Menschen, die exotische oder gar als gefährlich einzustufende Tiere, insbesondere Reptilien, halten und pflegen, zu kreieren, das nicht zwingend zutreffend sein muss und das oft unreflektiert und verallgemeinernd für alle "Exotenhalter" zur Anwendung gebracht wird.
Dass auch eine Panzerechse aus menschlicher Obhut von einem gewissenlosen Halter ausgesetzt wird, ist zwar nicht auszuschließen, da auch diese Tiere von wenig verantwortungsvollen Menschen unüberlegt angeschafft werden und diesen bald zur Last fallen können.
Dennoch spricht die überschaubar geringe Anzahl von Panzerechsen-Haltern in Deutschland rein statistisch eher dage-
gen und es gibt Möglichkeiten, lästig gewordene Tiere in Deutschland an geeignete Einrichtungen oder Personen abzu-
geben, sofern die Besitzer verantwortungsbewusst handeln.
Es ist nicht so, dass einem Halter, sei es aufgrund von einem Mangel an Zeit, Geld, Interesse, Platz etc. , keine anderen Möglichkeiten offenstehen als sein Tier in die Natur zu entlassen.
Leider wurden in den vergangenen Jahren einige wenige Kaimane in Deutschland ausgesetzt bzw. sogar in Mülltonnen entsorgt, andere werden unter sicherlich nicht artgemäßen und nicht tierschutzgerechten Bedingungen durch sachun-
kundige Halter gepflegt.
Dies ist nicht von der Hand zu weisen, stellt jedoch keine Regel dar.
An dieser Stelle sei erwähnt, dass es sich bei den "entsorgten" Tieren um Krokodilkaimane gehandelt hat, welche jedes Jahr immer noch in nicht unerheblicher Stückzahl importiert werden.
Sicherlich stellt die Vermittlung solcher Tiere in eine gute und zuverlässige neue Haltung keine einfache Aufgabe dar.
Diese Problematik ist jedoch von jedem Halter vor Anschaffung des Tieres zu berücksichtigen.
Zoos haben meist nicht die Kapazitäten zur Verfügung, um Tiere aufzunehmen.
Zudem haben sich die Aufgabenstellungen und Konzepte der Zoos, gerade in Europa und nicht zuletzt zugunsten moder-
ner und tiergerechter Haltung im Sinne der Arterhaltung und Nachzucht bedrohter Arten geändert und es können und sollen nicht weiterhin Tiere aus privaten Haltungen aufgenommen und versorgt werden, was unweigerlich zu Lasten der eigentlichen Aufgaben wissenschaftlich geführter zoologischer Gärten gehen müsste.
Es existieren in Deutschland einige Einrichtungen, welche Panzerechsen aufnehmen können oder bei der Vermittlung behilflich sind ( Reptilienauffangstationen, AG Krokodile ).
Auch wenn so manche Einrichtung selbst an ihre Grenzen stößt und keine größeren Tiere mehr aufnehmen kann, kann sie dem Halter evtl. wertvolle Hinweise geben und Ansprechpartner nennen sowie bei der Vermittlung weiterhelfen.
Jedoch entstehen auch hier erhebliche aufwandsbedingte Kosten für die teilweise monate- bis jahrelange Unterbringung dieser Tiere, bis sie letztendlich ggf. vermittelt werden können.
Wenn jemand ein solches Tier, aus welchen Beweggründen auch immer, schließlich doch in einem Gewässer unseres Landes aussetzt, so ist dies aus tier- und naturschutzrechtlicher Sicht nicht im Geringsten zu verantworten, stellt eine Straftat dar und zeugt von maßloser Verantwortungslosigkeit, von der sich die DGHT AG Krokodile ebenso wie die Auffangstation für Reptilien, München e.V. distanziert.

Eine ausgesetzte Panzerechse ist nicht in der Lage, dauerhaft in unseren Gefilden zu überleben und spätestens im Winter zum Tode verurteilt.
Dies mag zunächst aus Gründen der Sicherheit und Ordnung positiv klingen, jedoch ist diese Tatsache mit erheblichen, lange andauernden Schmerzen, Leiden und Schäden für das Tier verbunden, das in einer nicht geeigneten, ihm lebens-
feindlichen Umgebung um sein Überleben kämpfen muss und zwingend erkranken und zu Tode kommen wird.
Hierfür ist jedoch nicht zuletzt ein nach wie vor für die gängigen, weniger bedrohten Arten vorhandener Markt verant-
wortlich, der noch immer erlaubt, dass beispielsweise Kaimane frei verkäuflich sind und ohne Nachweis von Sachkunde oder geeigneter Haltungsbedingungen durch den neuen Besitzer für wenig Geld erworben werden können.
Weiterhin werden Kaimane und großwüchsige Krokodile nach wie vor in Deutschland nachgezogen und vermarktet.
Hierdurch wird einerseits der hiesige "Bedarf" durch nicht der Natur entnommene, sondern gezüchtete, legale Tiere gedeckt, wobei sowohl die AG Krokodile als auch die Auffangstation dafür plädieren, Nachzuchten nur dann zu erzielen, wenn diese sichere Abnehmer haben und nicht unreguliert in Umlauf gebracht werden müssen.
Europaweit können selbst groß werdende Arten beispielsweise aus Südeuropa über das Internet bezogen werden.
Bereits vor Jahren hat sich die AG Krokodile für eine Importbeschränkung für Massenarten wie Brillen- und Glattstirn-
kaimane ausgesprochen und ihre Mitglieder aufgefordert, die Nachzucht dieser Arten nur gezielt anzustreben und ggf. vorübergehend einzustellen.
Weiterhin weist die AG bereits langjährig darauf hin, dass Panzerechsen nicht als Heimtiere für unerfahrene Halter und nicht sachkundige Personen geeignet sind und versucht, hierfür Aufklärungsarbeit zu leisten, ebenso wie die Auffang-
station für Reptilien, München e.V..

Nach Ansicht der Autoren ist ein Sachkundenachweis für die Haltung von Panzerechsen zwingend und unabhängig vom Bundesland, in dem der Halter lebt, erforderlich, was mit den Forderungen des § 2 Tierschutzgesetz sowie den Vorgaben geltender Artenschutzbestimmungen übereinstimmt.
Ein hohes Maß an Verantwortungsbewusstsein stellt ebenfalls eine grundsätzliche Bedingung zur Haltung von Krokodil-
artigen dar.
Dass die Haltung bei der zuständigen Behörde ( Veterinäramt, Ordnungsamt ) gemeldet wird, sollte für einen gewissen-
haften, verantwortungsvollen Halter eine Selbstverständlichkeit darstellen.

Dass eine artgerechte Haltung von Krokodilen in einem artgemäß gestalteten, ausreichend bemessenen, vor allen Din-
gen aber gut strukturierten und verhaltensgerechten Indoor-Gehege auch für Panzerechsen in menschlicher Obhut tierschutzgerecht möglich ist, wird u.a. in den   Mindestanforderungen an die artgerechte Haltung von Krokodilen in privaten Terrarien und zoologischen Einrichtungen  (JENSCH et al.), erschienen in der Fachzeitschrift  "Der Zoolo-
gische Garten"  im Jahr 2009, beschrieben.

Ein grundsätzliches Haltungsverbot für Krokodile erscheint nicht sinnvoll.
Eine bundeseinheitliche Regelung, die die Haltung von Krokodilen strikt reglementiert, jedoch nicht pauschal verbietet, ist jedoch aus unserer Sicht dringend anzustreben.
Diese sollte auf Basis des Tierschutzgesetzes angesiedelt werden und neben dem Nachweis der Sachkunde des Tierhal-
ters, der auch praktischen Umgang mit den relevanten Tierarten beinhalten muss, dessen Zuverlässigkeit, einen Melde-
nachweis, einen Nachweis zur dauerhaften, sicheren sowie tiergerechten Haltung einschließen und an eine Melde- und Nachweispflicht über die Vorgaben des Artenschutzes hinaus gebunden sein.
Hier könnte ein System, wie es erfolgreich in der Schweiz für Panzerechsen eingesetzt wird, gute Dienste leisten und erscheint uns zielführender als über ein generelles Verbot der Haltung, wie es viele Tierschutzorganisationen fordern, nachzudenken und damit letztendlich die Tierhaltung in die Illegalität und Unkontrollierbarkeit zu verdrängen.
Es ist an der Zeit, auch in den Augen der Öffentlichkeit zu unterscheiden zwischen verantwortungsbewussten und ernst zu nehmenden Tierhaltern und jenen, die unüberlegt und bar jeder Sachkunde Tiere erwerben, nicht artgemäß und ggf. tierschutzwidrig halten und diese sogar aussetzen.
Hierbei kommt den Tierhalterverbänden eine enorme Bedeutung und Verantwortung, auch in politischer Hinsicht, zu.



Kommentare, Anregungen oder Kritik zu diesem Ausführungen sind uns sehr willkommen.
Feedback bitte an :

Alexander Meurer     E-mail



Home