Nachzucht  Caiman crocodylus  ( Brillenkaiman )

Karl-Heinz Voigt

10. 02. 2009


Die Zusammenführung der beiden Geschlechter brachte Bewegung ins Terrarium.
Die Fortpflanzungszeit ist im Winter, im Februar bis Anfang Mai.
Zu diesem Zeitpunkt war für meine Begriffe die Paarungszeit schon vorbei.
Aber man lernt nie aus.
Die Tiere verstanden sich gut und es gab das übliche Paarungsspiel.
Ich konnte nur Bruchteile davon beobachten.
So war ich überrascht, als das Weibchen an Leibesfülle zunahm.
Die Dame hatte, wie ich fand, einen ungewöhnlich runden Bauch ( eigentlich hatte der ganze Körper diese runde Form ) und ich vermutete eine Verstopfung oder Legenot.
Das Thema hatte ich in der zurückliegenden Zeit des öfteren zu beklagen.
Das Tier sah aus wie aufgeblasen, wenn es voller Luft die Drohhaltung annahm.
Wie ein schlechtes Stopfpräparat eben.
Ich verbrachte in das dafür nicht geeignete Terrarium Nistmaterial.
So konnte die Dame, wenn sie wollte, ein kleines Nest bauen.
Der Landteil war nur 60 cm breit, knapp 2 m lang und bestand aus gewebeverstärktem Polyesterharz.
Also völlig unzureichende Bedingungen für die werdende Mutter.
Nach langem Hin und Her entschloss ich mich, das Tier am 09. September 2008 einem Tierarzt vorzustellen und es untersuchen zu lassen.
Dabei kam heraus : keine Eier, keine Verstopfung, keine Legenot.
Ich war beruhigt, aber das Tier hatte seinen Stress.
Wieder zu Hause angekommen wurde es ins Terrarium zurückgesetzt und ich begann mit der Demontage des Nestes.
Beim zweiten Stich mit der Gabel landete ich direkt im Gelege.
Die kalkschaligen Eier waren sehr deutlich zu hören.
Das Gelege wurde sofort auf Schäden hin untersucht.
20 Eier, alle waren in Ordnung, aber nicht alle befruchtet.
Für ein Erstgelege sehr gut.
Beim Hantieren im Nest gab es keine Attacken vom Weibchen.
Es hielt sich ganz diskret zurück.
Von meinen grösseren Damen kenne ich da andere Aktionen.
Da sind mindestens zwei Mann Pflicht, will man ohne Schaden die Arbeiten durchführen.
85 Prozent der Eier hatten diesen typischen weissen Bauchring, der die Befruchtung anzeigt.
Er war bereits 1 bis 1,5 Zentimeter breit.
Daraus schloss ich, dass die Eier schon einige Tage vorher gelegt wurden.
Ich datierte den Legezeitpunkt auf den 05. Semptember, also vier Tage zurück.
Ich entnahm 12 Eier für den Inkubator und liess 8 Eier im wiederhergestellten Nest.
Eine 250 Watt Rotlichtlampe im Dauerbetrieb, wie sie für die Jungtieraufzucht benutzt wird, wurde ca. 40 cm über dem Nest positioniert und sorgte für die nötige Wärme.


Das Weibchen arbeitete jede Nacht und kratzte feuchtes Stroh aufs Nest, so dass der Abstand zur Wärmelampe nach wenigen Tagen nur noch 20 Zentimeter betrug.
Mehrmals schaute ich am Tag und auch abends durch das Aussenfenster, um die Aktivitäten in der Anlage zu beobachten - allerdings waren das nur Momentaufnahmen.
Das Männchen habe ich des Öfteren auf dem Nest zum Wärmen gesehen.
Am 03. Oktober trennte ich beide Tiere und stellte ein Gitter ( Doppelstegmatte ) ins Wasserbecken.
Das Männchen sah ganz schön angeknabbert aus.


Viele Bisswunden auf der ganzen Oberkörperseite machten diese Aktion nötig.
Wie alles war auch das nur eine Notlösung ( Provisorium ).
Eine Videoüberwachung dokumentierte die Aktivitäten in der Anlage und sollte auch einen Internet-Einblick ermöglichen.
Der natürliche Schlupf der kleinen Caimane sollte in Bild und Ton festgehalten werden.
Leider war ich mit der Computertechnik noch nicht soweit, um die Aufnahmen vom Digital-
recorder zu überspielen.
Die Naturbrut war ein Versuch ohne Erfolgsdruck.
Am 09. Oktober 2008 habe ich den Fühler eines Fernthermometers im Nest platziert.
Das Gerät zeigte eine Nestwärme von 30,8 Grad Celsius an.
Ich hoffte, dass die Temperatur im Inneren des Nestes durch die Wärmelampe ausreichen würde.
Am gleichen Tage wurde ein Ei aus dem Brüter entnommen und gewogen.
Zu diesem Zweck wurde extra eine Briefwaage angeschafft.
Das Ei hatte ein 0,5 Zentimeter grosses Loch in der Schale.
Die Eihaut war noch intakt.
Es war faulig und nicht befruchtet.
Am Abend des 17. Novembers wurde ein weiteres Ei zur Probe geöffnet.
Es waren schon seit mehreren Tagen quakende Laute in den Eiern zu hören.
Das Probeei wies noch keine Beschädigung auf.
Ich öffnete das Ei und pellte den kleinen Caiman heraus.
Der Dottersack war noch sehr gross.
Für mein Verständnis eine Woche zu früh.
Es war nach meinen Berechnungen der 73. Tag.
Meiner Unerfahrenheit und Neugier geschuldet, öffnete ich am 19. November weitere 5 Eier.
Es war immer noch zu früh.
Ein Tier hatte einen sehr grossen Dottersack, so dass ich befürchten musste, der kleine Kerl werde die nächsten Stunden nicht überstehen.


Die Eier im Nest waren allesamt faulig.
Beim Öffnen der Eier konnte man nur noch eine zum Teil schwarze Brühe finden, die einmal Embryonen gewesen sein könnten.
Das Nest war in den ersten Wochen sehr feucht ( zu feucht im unteren Bereich ), so dass sich die Eier nicht entwickeln konnten.
Das Nest wurde noch am gleichen Tag entfernt.
Einen Tag später habe ich diese Entscheidung auch schon wieder bereut.
Nach dem Entfernen der faulen Eier hätte man ein Jungtier ins Nest legen sollen, um zu sehen, wie die Elterntiere reagieren.
Mein kleiner Dickbauch, wie ich ihn nannte, kam erst einmal separat in einen beheizten Eimer, damit er im Terrarium nicht ertrinkt.
Am nächsten Tag setzte ich ihn zu den anderen.
Der Wasserstand war sechs Zentimeter hoch.
Als Landteil diente ein Stück 20 Millimeter starke Styroporplatte, die unter einer 60 Watt Glühbirne fixiert war.
Die letzten Eier öffnete ich am 22. November im Beisein der Familie.
Bei diesen Babies war der Dottersack fast resorbiert und der Bauch nur noch einen kleinen Spalt geöffnet.
Insgesamt schlüpften sieben Jungtiere, wobei die ersten 3 Babies nach einer Woche verstarben.
Die Wassertemperatur betrug in den ersten Tagen 32 Grad Celsius.
Der Liegeplatz unter der Lampe hatte 37 Grad Celsius.
Szenen vom Schlupf und vom Fressen an den folgenden Tagen im provisorischen Terrtarium im Wohnzimmer wurden mit einer Videokammera aufgenommen.
Am 27. November wurden zum ersten Mal die Maße der Babies festgehalten.
Sie wogen 37 bis 44 Gramm und waren 19,5 bis 21,5 cm lang.
Bei jedem Wasserwechsel - einmal pro Woche - wurden die Tiere gewogen und vermessen.
Pro Woche wuchsen sie etwa einen Zentimeter.

Es ist schon eine aufregende Sache, nach Jahren völlig überraschend ein befruchtetes Gelege vorzufinden, aus dem auch noch Junge ausschlüpfen.



Die Bilanz :

Von 20 Eiern im Nest waren 8 verfault.
Von 12 Eiern im Brüter waren 2 unbefruchtet, 3 vorzeitig abgestorben ( 2 Wochen vor Schlupf ) und aus 7 schlüpften lebende Jungtiere ( 3 verstarben innerhalb einer Woche )



Autor :

KARL-HEINZ VOIGT
BRANDENBURGER STR. 82 E
14778 GOLZOW




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