Gibt es ein bisher unbekanntes Reliktvorkommen des Sunda - Gavials ( Tomistoma schlegelii ) in Banten im Westen Javas ?

   ( Juli 2002 )

Mark Auliya

Den Ujung - Kulon Nationalpark im Westen Javas ( Indonesien ) habe ich nun schon zum vierten Mal besucht.
Diese Reise allerdings unterschied sich von den vorherigen maßgeblich, weil ich ganz gezielt potentiell geeignete Gebiete aufsuchen wollte, um dort den Sunda - Gavial ( Tomistoma schlegelii ) aufzuspüren.


Adulter Sunda - Gavial auf einer Farm in Cikarang im Westen Javas
( 12. 08. 2002 )

Informationen hierzu lieferte der vorherige Reiseaufenthalt im Januar 2002, bei dem ich Gelegenheit hatte viele interessante Gespräche mit Einheimischen zu führen und dadurch wertvolle Daten zum Vorkommen des Sunda- Gavials in Erfahrung bringen konnte.
Erste Ergebnisse dazu sowie Eindrücke aus dem Fluß - Seen - Sumpfgebiet "Nyiur"  
- wo die Panzerechse vorkommen soll -  wurden in meinem Artikel in dem "Newsletter" der Crocodile Specialist Group ( Vol. 21, No. 1, January - March 2002 ) publiziert.

Dieser zweite Aufenthalt im Jahr 2002 fand in den Monaten Juli und August statt.
Mit der Kenntnis der lokalen Infrastruktur und den logistischen Voraussetzungen wurden zwei Aufenthalte im Ujung - Kulon Nationalpark durchgeführt - die erste Reise vom 21. Juli bis zum 4. August, die zweite vom 11. - 13. August.
Dieses Mal besuchte ich erstmalig die Insel Panaitan , die der Halbinsel vorgelagert ist sowie das oben genannte Sumpfgebiet.


Sumpfgebiet "Nyiur" im Norden der Halbinsel des Ujung - Kulon Nationalparks
( Januar 2002 )

Tomistoma schlegelii ist bei den lokalen Einheimischen, vor allem aber bei den Alteingesessenen, unter dem Namen "julong julong" bekannt. Ein ehemaliger Krokodiljäger der 60-er und 70-er Jahre konnte mir alle ihm bisher bekannten Fundorte des Sunda - Gavials im Nationalpark nennen. Somit soll die Art nicht nur auf der Halbinsel vorkommen, sondern auch auf der Insel Panaitan.
Im August 2002 wurde T. schlegelii von einem ortskundigen Bootsführer im Norden der Insel beobachtet ( Yakaui, pers. Mitt., 13. 08. 2002 ).
Gleichfalls soll die Panzerechse im oben erwähnten Sumpfgebiet vorkommen. Am Tag der Ankunft in "Nyiur" ( 29. 09. 2002 ) konnte ich um 14:08 Uhr ein adultes Tier mit einer Gesamtlänge von ca. 4 - 5 m mit dem Fernglas ausmachen. Der schnell schwimmende Sunda - Gavial war eindeutig an den weit aus dem Wasser ragenden Augenpartien zu identifizieren, anders wie beim Leistenkrokodil ( Crocodylus porosus ), das ebenfalls im Nationalpark vorkommt und dessen Schädeldach deutlich tiefer im Wasser liegt. Schon das Praefrontale ist bei T. schlegelii markant aufgeschwungen und damit ragt auch das Schädeldach, bestehend aus Frontale, Postorbitale, Squamosum und Parietale, viel mehr aus dem Wasser, insbesondere wenn sich das Tier schnell darin fortbewegt.


Zwei Schädel von Tomistoma schlegelii, aufgenommen in einer Farm im Zentrum von Jakarta
( 08. 08. 2002 )

Der Sunda - Gavial tauchte unmittelbar nach dem Zeitpunkt des Entdeckens wieder ab und konnte während des restlichen Aufenthaltes im Sumpfgebiet nicht mehr gesichtet werden.
Da während dieses ersten Aufenthaltes kein fotographischer Nachweis geliefert werden konnte, wurde eine zweite Reise geplant. Leider war auch diese ergebnislos, d.h. es konnte auch kein weiteres Tier beobachtet werden.
Gründe dafür können die extreme Scheu und viel größere Fluchtdistanz des Sunda - Gavials sein ( auch Einheimische berichten davon !) und die wesentlich mehr ausgeprägte amphibische Lebensweise im Vergleich zu anderen Krokodiliern.
Zum Zeitpunkt der Ankunft der zweiten Reise befanden sich auch illegale Fischer in dem Gebiet. Leider dient der gesamte Nationalpark als Quelle einer Vielzahl natürlicher Rohstoffe, die als Lebend- und Konsumware, oder als Baumaterial Verwendung finden ( z.B. Vögel, Fische, Süßwasserlangusten, Holz, Bambus, Rotangpalmen, Nipa - Palmenblätter, etc. ).
Die Begegnung mit den Fischern hatte zwar den Nachteil, daß das Sumpfgebiet "Nyiur" einige Tage ihrem Einfluß ausgesetzt war, aber als Vorteil erwies sich, daß sie mir einen weiteren Nachweis für ein Vorkommen des Sunda - Gavials liefern konnten. Im gleichen Monat, am 03. 08. 2002, zog man ein ca. 1,5 m langes Exemplar, das sich in einem Fischernetz verfangen hatte, aus dem Wasser ( Achmad, pers. Mitt., 12. 08. 2002 ).

Zusammenfassend war dieser Reiseaufenthalt ein voller Erfolg, auch wenn Tomistoma schlegelii zunächst nicht mittels Foto dokumentiert werden kann.
Trotzdem sind die Daten geradezu sensationell und besonders wertvoll, da der Sunda - Gavial eine unter Anhang I des Washingtoner Artenschutzübereinkommens ( CITES ) hochgradig geschützte Art ist, er eine der "priority species" der IUCN / SSC - Crocodile Specialist Group ist und er nun auch zur Fauna Javas gerechnet werden kann.
Diese vorläufigen Ergebnisse werden auf der anstehenden Jahrestagung der Crocodile Specialist Group vom 7. - 10. Oktober in Gainesville ( Florida ) mit in die Agenda aufgenommen und sollen genug Brennstoff für weiterführende Feldstudien im nächsten Jahr liefern.
Ein ausführlicher Ergebnisbericht erscheint in den Mitteilungen der Zoologischen Gesellschaft für Arten- und Populationsschutz e. V. dessen Vorsitzendem, Herrn Roland Wirth ich an dieser Stelle für die finanzielle Unterstützung danken möchte.
Zu Dank verpflichtet bin ich ganz besonders den Herren Dr. D. Jelden ( BfN, Bonn ) und G. Saputra ( IRATA, Indonesien ) .
Der AG Krokodile danke ich ebenfalls für ihre sehr spontane Bereitschaft, mich zu unterstützen.

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