Nach einer bis zum vergangenen Jahr dauernden mehrjärigen, der Corona-Pandemie geschuldeten Zwangspause fand die 24. Jahrestagung der
DGHT AG Krokodile im niedersächsischen Saterland statt.
FLORIAN HÄSELBARTH hatte uns für den 5. Oktober 2024 in seinen privaten Reptilien- und Krokodilzoo
Seelter Reptilienhuus
eingeladen.
Nach einer herzlichen Begrüßung der einmal mehr von weither, teils aus dem europäischen Ausland angereisten Tagungsteilnehmer
durch den ersten Vorsitzenden der AG Krokodile, ALEXANDER MEURER, gab uns der Gastgeber FLORIAN HÄSELBARTH einen kurzen Abriß der
Geschichte seiner Einrichtung.
Für den hauptberuflichen Lehrer ging 2019 mit der Erteilung der Zoogenehmigung ein Lebenstraum in Erfüllung.
Mit seinem Team aus ehrenamtlichen Mitarbeitern, die sich in ihrer Freizeit mit viel Leidenschaft und Idealismus für den Zoo einsetzen,
bietet er den Besuchern bei professionellen Führungen Wissenswertes über Biologie, Lebensweise und Geschichte der Reptilien.
Ferner ist das Seelter Reptilienhuus ein wichtiger Bestandteil der ex-situ-Schutzprojekte ( Projekte außerhalb der Heimatländer
der Tiere ) des
Krokodille Zoo
in Dänemark.
Vorausgegangen war seit 2016 neben der Bewältigung etlicher bürokratischer und behördlicher Hürden eine sorgfältige
Planung des Projektes, bei der RENE HEDEGAARD, der Inhaber des Krokodille Zoos, mit seiner großen Erfahrung zur Seite stand.
Heute findet eine enge Kooperation zwischen beiden zoologischen Einrichtungen statt.
Realisiert wurde die Anlage als Neubau in einem anteilig gewerblich genutzten Mischgebiet, im Bebauungsplan ausgewiesen als 'Sondergebiet Zoo'.
An den Eingangsbereich mit Terrarienanlagen schließt sich als Kernstück der Ausstellung die Tropenhalle an.
Der gesamte Raum weist eine Komplettunterkellung auf, die einen 1,20 m tiefen Wasserteil aufnimmt.
Die Temperierung der Wand- und Bodenbereiche erfolgt mittels eingebrachter, isolierter Rohre durch Betonkernerwärmung.
Durch bauliche Abtrennungen ist der gesamte Bereich in Einzelgehege untergliedert, wobei die Wasserbereiche jeweils miteinander verbunden sind und
zentral gefiltert werden.
Die Landteile darin wurden als über das Wasser ragende Terrassen gestaltet, die mit Rampen als Ein- und Ausstieg für die Tiere ausgestattet
sind.
Über den Gehegebereich führt auf einem Metallunterbau eine Besucherbrücke aus Lerchenholzdielen quer durch die Halle.
Die erwärmte Raumluft wird über Ventilatoren und Abluftgitter aktiv ausgetauscht.
Abgetrennt und hinter den Kulissen der Ausstellung befindet sich neben der Tropenhalle der Technikraum, in dem die Filteranlage sowie weitere Terrarien
untergebracht sind.
Direkt im Anschluß hatten die Tagungsteilnehmer dann Gelegenheit zur Besichtigung der Tieranlagen.
Von besonderem Interesse war natürlich die Tropenhalle, in der aussschließlich Krokodile untergebracht sind.
FLORIAN HÄSELBARTH und sein Team erklärten vor Ort technische Einzelheiten sowie Prinzipien der im Reptilienhuus praktizierten Krokodilhaltung, wobei der gegenseitige Erfahrungsausstausch wie auf jeder Tagung für beide Seiten besonders wertvoll war.
In der großzügig bepflanzten Halle sind in den artgerechten und biotopnah gestalteten Becken zahlreiche Arten vertreten :
- Neuguinea-Krokodil ( Crocodylus novaeguineae )
- Leistenkrokodil ( Crocodylus porosus )
- Spitzkrokodil ( Crocodylus acutus )
- Kuba-Krokodil ( Crocodylus rhombifer )
- Australisches Süwasserkrokodil ( Crocodylus johnstoni )
- Mohrenkaiman ( Melanosuchus niger )
- Südlicher Brillenkaiman ( Caiman yacare )
Spitzkrokodil ( Crocodylus acutus )
Mohrenkaiman ( Melanosuchus niger )
Kuba-Krokodil ( Crocodylus rhombifer )
Nach einer Pause startete das Nachmittagsprogramm mit Reiseimpressionen von HILMAR HUFER.
2022 hatte er mit seiner Frau Kuba besucht, wobei sie u.a. eine Aufzuchtstation für Kuba-Krokodile ( Crocodylus rhombifer ) im Nationalpark Zapata, einer Sumpflandschaft
und UNESCO Biosphärenreservat im Süden der Insel, besichtigten.
Die Tiere werden dort in Betonanlagen und Wasserbecken ohne Filterung gehalten, bis man sie ab einer bestimmten Größe in die Freiheit entläßt.
Die Inkubation der Eier erfolgt in Styroporkisten.
2023 führte eine weitere Reise nach Namibia im Südwesten Afrikas.
Sehenswert ist hier die Crocodile Ranch in der Stadt Otjiwarongo - ein kommerzieller Betrieb, der auch professionelle Aufzucht für die Lederindustrie betreibt.
Im Anschluss thematisierte Frau Dr. K. ALEXANDRA DÖRNATH in ihren Ausführungen das ' Märchen von den Tierrechten ' .
Die Tierärztin führt gegenwährtig die
Praxis 'Klein Mexiko'
für Zoo-, Zirkus- und Wildtiere sowie exotische Haustiere in Bremen.
In diesem Rahmen betreut sie auch das Seelter Reptilienhuus.
Ferner ist sie Ansprechpartnerin für Behörden zu Fragen des Tier- und Artenschutzes sowie für Behörden und Einsatzkräfte zu Fund- und Gefahrtieren.
Diese Funktion teilt sie sich mit FLORIAN HÄSELBARTH.
In ihren Ausführungen weist die Referentin darauf hin, dass Tierrechtsorganisationen wie PETA einer gewinnbringend orientierten Tierrechtsindustrie angehören und versuchen, mit Narrativen
wie ' Tiere gehören in Freiheit, nicht in Gefangenschaft ' und ' Artgerecht ist nur die Freiheit ' jede Form der Tierhaltung abzuschaffen.
Tierschutz ist aber Wissenschaft und keine Meinung.
Die Freiheit ist nicht paradiesisch, wie Tierrechtler glauben, sondern die oft grausamen Lebensbedingungen sind gekennzeichnet von Überlebenskämpfen, Nahrungskonkurrenz, fehlender
medizinischer Betreuung etc.
Tiere brauchen keine Freiheit, weil ihnen das abstrakte Verständnis davon fehlt und sie das Gehege nicht als Gefängnis empfinden.
Sie sind anpassungsfähig, wobei die Mensch-Tier-Beziehung wichtiger als die Gehegegröße ist.
So sind Tiere in Menschenhand meist sicherer, aufmerksamer und aufgeweckter als in freier Wildbahn.
Man sollte daher statt der konträren Begriffe ' Freiheit ' und ' Gefangenschaft ' besser die Bezeichnungen ' natürlicher Lebensraum ' und ' Menschenhand '
gegenüberstellen.
Ebenso ist es sinnvoller, anstelle von ' Exoten ' im Gegensatz zu ' einheimischen Tieren ' von ' Wildtieren ' gegenüber ' Haustieren ' zu reden.
Da nicht alle Individuen einer Art die gleichen Bedürfnisse haben, sollte man anstelle einer artgerechten Haltung besser die tiergerechte Haltung anstreben.
RENE HEDEGAARD, der Inhaber des dänischen Krokodille Zoos in Eskilstrup, der alle noch lebenden Krokodilarten präsentiert, stellte seine Mitarbeit an einem Erhaltungsprojekt ( ex situ conservation )
für Orinoko-Krokodile ( Crocodylus intermedius ) in Venezuela vor.
Es findet dabei eine enge Kooperation mit der Organisation
FUDECI
statt, die Orinoko-Krokodile in der Region am Fluss Capanaparo im Nationalpark Santos Luzardo züchtet, aufzieht und wieder ansiedelt.
Ebenso wie bei weiteren internationalen Schutzprojekten für China-Alligatoren, Gaviale, Mohrenkaimane , Philippinen-, Spitz- und Kuba-Krokodile werden im Krokodille Zoo Jungtiere bis zu einer bestimmten
Größe aufgezogen und dann in ihren Heimatländern in den natürlichen Lebensraum entlassen.
ALEX MEURER berichtete anschließend von seiner erfolgreichen Nachzucht des China-Alligators ( Alligator sinensis )
im Sommer diesen Jahres.
Die harmonisierenden Elterntiere - bei dieser meist sozial unverträglichen Krokodilart eine Seltenheit - hatten in einer Freilandanlage mit Folienüberdachung und beheiztem Wasserbecken in einer Höhle
überwintert.
Noch vor Erwachen der Tiere im Frühjahr wurde in drei Bereichen des Geheges Nistmaterial ( Bambuslaub ) ausgelegt.
In den ersten Wochen nach dem Verlassen der Höhle durch die Tiere machten sowohl das Männchen als auch das Weibchen deutliche und exzessive Brunftrufe.
Obwohl keine Paarung beobachtet werden konnte, begann das Weibchen Anfang Juli mit dem Nestbau.
Hierzu nutzte es das angebotene Bambuslaub unweit des Wasserbeckens und in der Nähe des Eingangs zum Überwinterungsquartier.
Kurze Zeit nachdem beide Tiere damit begonnen hatten, das Nest energisch zu verteidigen, wurde es am 11. Juli schliesslich kontrolliert, wobei festgestellt wurde, dass es zu einer Eiablage gekommen war.
Es konnten 23 Eier aus dem Gelege entnommen und in Inkubatoren überführt werden.
In 3 Eiern davon war Leben feststellbar und aus zweien schließlich schlüpften gesunde Jungtiere.
Das Ende des offiziellen Vortragsprogramms bildete EDDY EVENS Referat über das diesjährige Meeting der
IUCN SSC Crocodile Specialist Group
in Darwin, Australien.
Abschließend schilderte er noch seine Reise nach Malaysien und Singapur.
Das nächste Meeting des European Croc Networks wird 2025 in Berlin stattfinden.
Zum zwanglosen Ausklang der Tagung fanden sich die Teilnehmer zu einem gemeinsamen Abendessen in einem Saterländer Restaurant zusammen.
Wir danken FLORIAN HÄSELBARTH und seinem Team ganz herzlich für die Ausrichtung der Jahrestagung, für die Gastfreundschaft, die Bereitstellung der Räumlichkeiten und die geduldige Beantwortung
aller unserer Fragen.
Ebenso gilt unser Dank den Referenten und allen Tagungsteilnehmern, die ausnahmslos entscheidend zum Gelingen der Veranstaltung beigetragen haben.